Naturpark

Charakter

Entwicklung der Landschaft

bis 10.000 v. Chr.

Mit der Kraft von Frost und Wasser geformt

So frisch und jung und grün, wie der Hümmling an klaren Sommertagen wirkt, ist er auch – erdgeschichtlich betrachtet. Denn erst mit dem Ende der Weichsel-Eiszeit vor rund 10.000 Jahren erhielt die Landschaft östlich der Ems den letzten Schliff: Als der Dauerfrost endlich aus dem Boden wich, begann mancherorts, das Wasser zu fließen und zahlreiche Bäche gruben sich ihre Täler. Andernorts blieb das Wasser stehen und ermöglichte das allmähliche Wachsen der Moore.

Zuvor hatten Gletscher der Saale-Eiszeit, die auch erst vor rund 120.000 Jahren endete, Sand und Lehm aus Skandinavien hergebracht und zu den typisch-malerischen Hümmling-Hügeln geformt, die sie obendrein mit Granitfindlingen dekorierten. Den Höhepunkt im Wortsinne bildet der Windberg bei Werpeloh: Er ist 73 Meter hoch.

seit 10.000 v. Chr.

Entstehung der Moore

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Die akrobatischen Balzflüge von Kiebitz und Bekassine, die Sumpfohreule, die auch bei Tage jagt oder das Pflänzchen Sonnentau, das Insekten fängt: Die Moore auf dem Hümmling sind einzigartige Lebensräume mit einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt – und bilden Landschaften von hohem Reiz.

Die Moore wuchsen während der Jahrtausende seit der letzten Eiszeit: In Gewässern reicherten sich Pflanzenreste vor allem von Torfmoosen an. So entstand Torf, der die Grundlage für das Farbenspiel im Wechsel der Jahreszeiten ist: Schneeweiß wogen die Fruchtstände des Wollgrases im Frühjahr, im Sommer blühen Besen- und Glockenheiden rosa-violett.

In Schutzgebieten wie dem Theikenmeer und der Bockholter Dose lassen sich diese Landschaften erleben. Im Melmmoor/Kuhdammoor ermöglicht zudem ein Moorlehrpfad spannende Einblicke, weite Ausblicke eröffnet der Aussichtsturm im Leegmoor.

17. bis 19. Jahrhundert

Sand & Heide

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Pflanzen, die auf Sand gedeihen, haben entweder sehr viel Zeit oder sie sind seltene Spezialisten. Bis die Menschen der Jungsteinzeit den Hümmling für Ackerbau und Viehzucht nutzten, spielte Zeit keine Rolle. In den Jahrtausenden seit der letzten Eiszeit hatte sich auf dem Geestrücken ein dichter Wald entwickelt – mit Wurzeln, die den ansonsten losen Sand festhielten, und mit einer Humusschicht, die Nährstoffe und Wasser speicherte.

Wo der Wald gerodet war, wurde die Zeit knapp: Wind und Regen trugen den Humus ab, der Sand verlor den Halt und bildete Binnendünen – nährstoffarm und fast so trocken wie eine Wüste. Gute Bedingungen also für Wacholder, einen nahen Verwandten der Sahara-Zypresse, der zum Beispiel bei Börger einen malerischen Hain bildete. Weitere Spezialisten sind Besen- und  Glockenheide, die zusammen mit Flechten, Moosen und Gräsern das Landschaftsbild prägten.

 

seit dem 19. Jahrhundert

Aufforstung: Neuer Halt für den Sand

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Heide und Wacholder, auch Kiefern und Fichten sind „Pioniere“: Sie wurzeln sogar auf kargen Sandböden, geben Halt, bilden ganz allmählich eine erste, dünne Humusschicht. Und schaffen so Voraussetzungen für das Entstehen eines neuen Waldes. Bis sie allerdings von selbst wachsen – das kann dauern.

Deshalb wurden Kiefern und Fichten im 19. Jahrhundert ganz gezielt überall dort gepflanzt, wo durch Verwehungen Wanderdünen wuchsen, wo der Sand Äcker und Weiden zu zerstören drohte. Dank dieser Starthilfe entwickelten sich unterschiedliche Wälder so prächtig, dass der Hümmling heute wieder die waldreichste Region des Emslands ist. Der größte Forst ist der gut 2.000 Hektar große Eleonorenwald: Der artenreiche Nadel-Mischwald wird nachhaltig bewirtschaftet. Und umfasst auch wertvolle Schutzgebiete, darunter ein urwüchsiges Waldstück mit uralten Baumriesen.

 

Besiedlung des Hümmlings

Seine kulturelle Bedeutung erhält der Naturpark durch die zahlreichen Schätze aus unterschiedlichsten Epochen:

So weisen die besonders zahlreich aufzufindenden, urzeitlichen Großsteingräber auf eine frühe Besiedlung des Raumes hin. Einzelne Findlinge und imposante Grabanlagen "erzählen" als steinerne Zeugen aus einer Zeit, die mehr als 5.500 Jahre zurückliegt. Dass sie heute im Schatten knorrig-uriger Bäume zu finden sind, macht ihr Erleben noch mythischer.

Die Gesellschaft der Bäume, oder besser: des Waldes und seiner Bewohner, wusste schon Kurfürst Clemens August zu schätzen: Er wählte den Hümmling zu seinem Jagdrevier und bescherte der Region mit seinem Jagdstern Clemenswerth ein architektonisches Barockjuwel von weit überregionaler Ausstrahlung - das heutige Schloss Clemenswerth in Sögel.

Eine große Faszination üben auch die erhaltenen Wind- und Wassermühlen aus, die hier noch vor einem Jahrhundert landschaftsprägend waren. Als Vorläufer der ersten Fabriken wurde hier gemahlen, Öl gepresst, für die Papierherstellung Lumpen gepresst und vieles mehr.

3.500 bis 3.000 v. Chr.

Großsteingräber

Monumente der Ewigkeit

Auf Sand gebaut – und dennoch überdauerten sie Jahrtausende: Aus der Jungsteinzeit stammen die Megalithgräber, die sich in ungewöhnlich großer Zahl auf dem Hümmling finden. Die ersten Bauern des Nordwestens bauten sie vor mehr als 5.000 Jahren und nutzten dafür das dauerhafteste Material, das sie finden konnten: Granitfindlinge, von eiszeitlichen Gletschern zusammen mit dem sandigen Baugrund hier abgelagert.

Zahllose Mythen ranken sich um die rätselhaften Bauwerke. Riesen, hieß es, fügten die viele Tonnen schweren Felsblöcke zu „Hünengräbern“ zusammen. Auch den Teufel sah man vielerorts am Werk. Noch spannender ist nur die Wirklichkeit: Menschen wie du und ich schufteten in Gruppen wochenlang, nutzten wahrscheinlich Hebel, Seilzüge und Zugtiere. Und schufen Monumente für die Ewigkeit.

3.000 bis 700 v. Chr.

Grabhügelfelder

“Friedhöfe der Bronzezeit” 

Eine Zeitenwende, ein anderer Glaube und ein neuer Totenkult: Mit dem Übergang zur Bronzezeit vor rund 4700 Jahren hörten die Menschen auf, Megalithgräber zu errichten und bestatteten ihre Toten fortan in Hügelgräbern. Weniger eindrucksvoll als die älteren Steinbauten prägen sie dennoch bis heute die Landschaft mit. Zum Beispiel die Heide in Berßen, die ihren Namen den 83 erhaltenen Grabhügeln verdankt: „Mansenberge“. Die bis zu drei Meter hohen und zehn bis 20 Meter breiten „Menschenberge“ enthalten nur wenige Grabbeigaben und – auch das war neu – Urnen mit der Asche der Verstorbenen.

Ein ähnlicher „Friedhof“ findet sich ebenfalls in reizvoller Heidelandschaft bei Spahnharrenstätte: Mehr als 60 Grabhügel, die hier „Männige Berge“ heißen, sind erhalten. Wie viele es ursprünglich waren, weiß niemand; etliche wurden einfach eingeebnet, wenn sie im Weg waren.

17. bis 19. Jahrundert

Mühlen

Die Kraft aus Wind und Wasser

Einfach genial: Holzsägen, Ölpressen, Getreidemahlen und andere schwere Arbeiten lässt man durch die Kraft von Wind und Wasser erledigen. Kein Wunder, dass Mühlen seit dem Mittelalter so erfolgreich waren. Und noch heute so beliebt sind. Ein paar besonders schöne Exemplare sind im Naturpark Hümmling erhalten: die idyllische Wassermühle Bruneforth, die Herrenmühle in Meppen, die imposanten Holländer-Windmühlen in Werlte und Lathen sowie die einmalige Hüvener Mühle. Da der Bach dieser mittelalterlichen Wassermühle oftmals zu wenig Wasser führte, bekam sie 1851 einen zusätzlichen Windantrieb.

Die Geschichte der Mühlen und ihre unterschiedlichen Bauformen zeigt das Mühlenmuseum in Haren (Ems), dessen Ausstellung in historischen Gebäuden rund um die 200 Jahre alte Mersmühle untergebracht ist. Und die Zukunft der Mühlen? Liegt in der Stromerzeugung.

17. bis 20. Jahrhundert 

Heidebauern

Schnucken, Honig, malerische Kargheit

In malerischer Kargheit und Armut rangen die Hümmlinger Heidebauern ihren mageren Sandböden eine bescheidene Existenz ab. Sie hielten Heidschnucken und Bentheimer Landschafe, die sich mit dem dürftigen Nahrungsangebot zufrieden gaben. Die Tiere verschmähen nur die aller zähesten Gewächse wie Besen- und Glockenheide. Diese sind erstens ergiebige Trachtpflanzen für Bienen, so dass die Hümmling-Imker zu einigem Wohlstand kamen: Sie hatten das sechsfache Jahreseinkommen eines angestellten Schäfers.

Zweitens verleihen die blühenden Heidekräuter der sanft hügeligen Landschaft eine betörende Schönheit, die ab dem Ende des 19. Jahrhunderts zahlreiche Künstler anzog. Levin Schücking, damals ein Bestseller-Autor, und Landschaftsmaler wie Fritz Mackensen, Otto Pankok und Eugen Bracht fanden hier Inspiration.

1737 bis 1747

Schloss Clemenswerth

Der Stern im Emsland

Er liebte die Jagd und die Natur, mochte dabei jedoch nicht auf seine höfische Pracht verzichten: Kurfürst Clemens August, Erzbischof von Köln und Herr über fünf Bistümer, wählte 1737 den äußersten Norden seines Herrschaftsgebiets, um ein Jagdschloss von nie gekannter Anmut errichten zu lassen: Schloss Clemenswerth. Johann Conrad Schlaun, Stararchitekt des Barocks, entwarf die einzigartige sternförmige Anlage in den typischen Farben des westfälischen Barocks: Backsteinrot und Sandsteingelb.

Im zentralen Schlossbau entdecken Besucher die teils original erhaltene Einrichtung der fürstlichen Ferien-Residenz. In den meisten der acht Pavillons der sternförmigen Anlage sind spannende Ausstellungen des Emslandmuseums zu sehen. In einem jedoch verbirgt sich die nördlichste Rokoko-Kapelle Deutschlands – nebst noch aktivem Kapuzinerkloster.

17. Jahrhundert bis heute

Moore

Heute darf es wieder wachsen

Lebensfeindlich und bedrohlich, unfruchtbar und ungesund – so sahen die Menschen des Mittelalters die Moore. Und mieden sie. Als die ersten Pioniere im 17. Jahrhundert Papenburg nördlich des Hümmlings gründeten und von dort aus diese eigentümliche Landschaft ohne festen Boden besiedelten, hatte sich an dieser Einstellung nichts geändert. Deshalb gruben sie Kanäle, legten die Moore trocken, bauten Torf ab, pflügten den Boden um, kurz: Mit den Mitteln ihrer Zeit verwandelten sie seither Moor in Acker- und Grünland.

Wichtige Kohlendioxid-Speicher und Klimaschützer, reizvolle Naturlandschaften und einzigartige Lebensräume – so sehen die Menschen heute die Moore. Und schützen sie. Die letzten Genehmigungen für den Torfabbau enden in wenigen Jahren. Und längst werden in der Esterweger Dose, einem der größten Hochmoorgebiete Europas, Flächen renaturiert, darf das Moor wieder wachsen.

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